„Emotionale Debatte“

    Schwer
    Deutsch perfekt 7/2025
    Masao Fukomoto
    © Jörn Kaspuhl

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    Transkript: „Emotionale Debatte“

    Als ich anfing, Deutsch zu lernen, fand ich ein Phänomen wirklich lästig #hier: ärgerlich, weil etwas kompliziert istlästig: dass Substantive in der deutschen Sprache ein grammatisches Genus haben. Das Wort Lehrer für männliche der/die Lehrende, -nvon: lehren = hier: unterrichtenLehrende zum Beispiel und Lehrerin für weibliche Lehrende.

    Natürlich muss man auch passende Pronomen und Artikel verwenden. Ich dachte zuerst, dass es nicht einfach ist, das alles auswendig lẹrnenhier: so genau lernen, dass man sie immer richtig benutztauswendig zu lernen.

    Pronomen und Artikel sind aber immer noch nicht alles. Da ist nämlich auch die Frage, was man ạllgemein nụtzenhier: so benutzen, dass man damit alle meinen kann, z. B. gemischte Gruppen mit allen Geschlechternallgemein nutzen soll, Lehrer oder Lehrerin? Früher war es ohne Zweifel Lehrer, maskulin.

    Inzwischen ist die Gewohnheit infrage stẹllenZweifel äußern, ob … richtig istinfrage gestellt. Manche schreiben und sagen Lehrerinnen und Lehrer, oder sie schreiben und intonieren Lehrer*innen oder Lehrer:innen. Neutral ist die Lehrkraft, -ä-eLehrer oder LehrerinLehrkräfte oder Lehrende. Und andere nutzen weiter der Lehrer, wenn es nicht um eine konkrete Person geht. Seit mehreren Jahren gibt es in Deutschland eine sehr emotionale Debatte über dieses Thema.

    In der japanischen Sprache gibt es das Problem überhaupt nicht, da japanische Substantive kein grammatisches Genus haben. Das japanische Wort Sensei wird sowohl für Lehrerinnen als auch für Lehrer verwendet. Sensei kann man sogar sowohl für den Singular als auch für den Plural benutzen, ein sehr effektives Wort.

    Probleme mit der die Gendersprache👄 sprachliche Phänomene im Kontext von GeschlechtergerechtigkeitGendersprache wie in Deutschland haben wir also keine. Wir haben aber andere Probleme, die für die die Gleichstellungvon: gleichstellen = möglich machen, dass … und … die gleichen Möglichkeiten und juristischen Garantien habenGleichstellung zwischen Frauen und Männern sehr relevant sind. Denn Japan ist eine totale Männergesellschaft.

    Der Ehemann wird oft der Hausherr, -enBesitzer eines Hauses; hier: ≈ Chef der FamilieHausherr genannt, sogar von seiner Ehefrau. Die Ehefrau ist für die meisten die Frau im das Hịnterzimmer, -Raum hinten im HausHinterzimmer. Wirklich, man ạnsprechenhier: beginnen, mit … zu sprechenspricht sie ạnsprechenhier: beginnen, mit … zu sprechenan mit dem Ausdruck Hinterzimmer-Frau von Herrn Tanaka statt mit Frau Tanaka!

    Das Problem lösen immer mehr Menschen, indem≈ mit der Methode, dass …indem sie Ehemann/-frau als Lebenspartner/-in bezeichnennennen; ≈ als Wort sagen fürbezeichnen. Solche Bürgerinnen und Bürger werden aber von Konservativen betrạchten ạlshier: der Meinung sein, dass jemand … istals Verrückte oder Kommunistinnen betrạchten ạlshier: der Meinung sein, dass jemand … istbetrachtet.

    der Dọppelname, -nKombination aus zwei FamiliennamenDoppelnamen sind in Japan übrigens gesetzlich nicht erlaubt, und Ehepaare müssen einen gleichen Familiennamen haben.

    Ich habe meine japanische Frau einmal in Japan in ein Einkaufszentrum begleiten ịn≈ mit … mitgehen zubegleitet, weil sie dort Kleidung kaufen wollte. Die Verkäuferinnen waren neidischhier: ein bisschen traurig, weil jemand etwas erlebt, was man selbst nicht erleben kannneidisch. Sie sagten, dass so etwas in Japan ganz selten ist. Das hat uns überrascht.

    Worauf ich hingegenim Gegensatz zu einer genannten Sachehingegen sehr neidisch bin: auf die Debatte in Deutschland! Außerdem sollten Frauen und Männer in allen Aspekten gleichgestellt werden, finde ich. Das Genderthema ist nicht nur ein sprachliches Problem, sondern in der Gesellschaft tief verwụrzelt seinhier: eine lange Geschichte habentief verwurzelt. Auch in Deutschland.