Denksport

    Mittel
    Deutsch perfekt 12/2016
    Junge Frau erstellt eine Mindmap
    © Valentinrussanov/istock.com
    Von Dunja Ramadan

    Es gibt extrem viele Strategien, um Vokabeln zu lernen. Aber gibt es die ideale Methode? der Wissenschaftler, -Person, die ein Thema systematisch untersuchtWissenschaftler sich beschäftigen mithier: ≈ studieren; untersuchenbeschäftigen sich seit Jahren sich beschäftigen mithier: ≈ studieren; untersuchenmit dem Thema und untersuchen das menschliche Gehirn, -eOrgan im Kopf, mit dem man denkt und fühltGehirn, um zu prüfen: Welche Sprachlernmethoden funktionieren am besten? Einfache Antworten gibt es nicht. Denn die Materie ist komplex: Es braucht dafür das Wissen von Disziplinen der Neurowissenschaften, der die Gedächtnispsychologie≈ Psychologie, wie das Gedächtnis funktioniert (das Gedächtnis, -se: ≈ Speicher im Kopf, mit dem man sich an Dinge erinnern kann)Gedächtnispsychologie, der Psycholinguistik und der Ko­gnitionspsychologie.

    Der der Schlüssel, -ehier: ≈ Hilfe, durch die ein Ziel erreicht werden kannSchlüssel zum Wort

    Beim Vokabellernen gibt es verschiedene Phasen, sagt Rolf Koeppel vom Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie der Universität Heidelberg. Besonders für Anfänger sich eignengut seineignet sich die Schlüsselwortmethode, denn für sie ist es besonders schwierig, sich merken↔ vergessensich ein neues Wort zu sich merken↔ vergessenmerken. Wenn die Verbindung von Form und Inhalt schwierig ist, dann kann diese Methode helfen: Der der Klang, Klängehier: Form des Wortes, die man hörtKlang der neuen Vokabel sollte so ähnlich sein wie der eines Wortes aus der Muttersprache.

    Ein Beispiel: Ein englischsprachiger Lerner möchte das deutsche Wort „Dach“ lernen. Er sucht ein muttersprachliches Wort, das dem Zielwort „Dach“ lautlichhier: in den Lautenlautlich so ähnlich wie möglich ist, zum Beispiel „duck“ (die Ente, -nWasservogelEnte). Nun wird das Schlüsselwort „duck“ mit der Bedeutung des Zielworts „Dach“ in einem bildhaftwie in einem Bildbildhaften Beispiel verbunden: Hunderte von schnatternLaute machen wie ein Wasservogelschnatternden Enten („ducks“) sitzen auf einem Dach. Je interessanter und intensiver das Bild ist, desto besser einprägensich etwas (im Detail) merkenprägt sich das Wort in das menschliche Gedächtnis sich einprägensich etwas (im Detail) merkenein. Die Schlüsselwortmethode funktioniert, das zeigen mehrere die Studie, -nsystematische UntersuchungStudien.

    Lernen mit allen der Sinn, -ehier: ≈ Körperteil: Er kann sehen, hören, riechen, fühlen oder schmecken.Körperteil: Er kann sehen, hören, riechen, fühlen oder schmecken.Sinnen

    Ein Kleinkind, das von seiner Mutter einen Apfel bekommt, sieht die Frucht, nimmt sie in die Hand, riecht daran und probiert sie dann. Die das Hirnareal, -espezieller Teil des GehirnsHirnareale, die durch die die Wahrnehmung, -envon: wahrnehmen = hier: sehen, hören, riechen, schmecken und fühlenWahrnehmung und Interaktion mit der Frucht gleichzeitig aktiviert werden, verbinden sich zu einem großen das Netzwerk, -e≈ System von VerbindungenNetzwerk im Gehirn. Wer also das deutsche Wort „Apfel“ lernen will, „solltehier: es wäre gut, wenn …sollte eine Apfel-Geste machen, einen Apfel schmecken oder ein Apfel-Bild betrachtenansehenbetrachten“, sagt Katharina von Kriegstein, Professorin am Max-Planck-Institut für Kognitive und Klinische Neurowissenschaften in Leipzig. Sie leitete eine Studie des Instituts zum Thema Vokabellernen und Körperbewegung.

    Wer das deutsche Wort „Apfel“ lernen will, sollte  eine Apfel-Geste machen, einen Apfel schmecken oder ein Apfel-Bild betrachten 


    Dazu überlegten sich die Leipziger der Forscher, -Person, die systematische Untersuchungen machtForscher die künstliche Sprache „Vimmi“. Denn keiner ihrer Versuchsteilnehmer sollte Vorteile durch eine davor gelernte Sprache haben. Das Experiment zeigte: Gesten machen das Lernen von Vokabeln leichter. Je mehr Hirnregionen beim Lernen einer Sprache aktiviert werden, desto besser.

    „Wenn wir beispielsweisezum Beispielbeispielsweise einen zu lernenden der Begriff, -eWortBegriff mit einer Geste nachstellenhier: imitieren; zeigennachstellen, schaffenhier: machenschaffen wir zusätzlichhier: noch mehrzusätzlichen Input, der dem Gehirn das Lernen leichter/einfacher machenerleichternerleichtert“, sagt von Kriegstein. Durch die Bewegung werden Hirnregionen des Bewegungssystems aktiv. Der Körper wird dadurch zu einem Lernwerkzeug.

    Die Gesten sollten aber immer im Kontext zum Wort stehen. Um zum Beispiel das Wort „rechts“ zu lernen, sollen Lernende eine Geste nach rechts machen. Aber funktioniert die Methode auch bei abstrakten Begriffen?

    Sie funktioniert, entdeckten die Forscher: Auch bei abstrakten Begriffen helfen Gesten. So haben sie sich für das Wort „Theorie“ eine Geste einfallen lassen: Eine Person öffnete die Hände wie ein Buch und bewegte den Kopf dabei, als ob sie im Buch lesen würde. Die Studie bestätigte also, dass auch die Erinnerung an abstrakte Wörter durch Gesten wie diese steigernhier: verbessern; intensiver machengesteigert werden kann.

    das Wortfeld, -erGruppe von Wörtern, die in ihrer Bedeutung verwandt sind, z. B. gehen, eilen, laufenWortfelder und die Wortfamilie, -nGruppe von Wörtern, die einen gleichen Wortteil haben, z. B. kaufen, VerkäuferinWortfamilien

    Eine andere Möglichkeit, Vokabeln zu lernen, ist das Ordnen von Wörtern in Wortfelder. Diese assoziative Methode eignet sich vor allem für etwas fortgeschrittenere Lernende, weil sie dafür einen größeren der WortschatzMenge von VokabelnWortschatz brauchen. Die gelernte Vokabel soll nämlich mit anderen Vokabeln, die man schon kennt, in einer Mindmap inhaltlich vernetzenhier: viele Verbindungen herstellenvernetzt werden. Bei Substantiven können zum Beispiel Wörter aus dem Wortfeld Möbelstücke gesammelt werden: Tisch, Stuhl, Schrank, Bett, Regal. Wenn der Lernende weit genug fortgeschritten ist, kann er sich auch das übergeordnethier: so, dass es den Teil der Bedeutung in sich trägt, der für alle Wörter gleich istübergeordnete Wort „Möbelstück“ merken. Danach sollen untergeordnethier: so, dass es Teil des Wortfelds istuntergeordnete und spezifischere Wörter in die Mindmap geschrieben werden. Zum Substantiv „Tisch“ sind das zum Beispiel Schreibtisch, Esstisch und Kindertisch. Kennt der Lernende am Anfang nur wenige Wörter aus einem Wortfeld, kommen auf diese Weise mit der Zeit≈ langsammit der Zeit immer mehr neue Wörter dazu.

    Man vergisst Wörter weniger leicht, wenn man sie nicht isoliert lernt


    Nicht nur inhaltlich in Wortfeldern, sondern auch formal lassen sich die gelernten Wörter vernetzen, nämlich in Wortfamilien – zum Beispiel zum Thema Arbeit: arbeiten, Arbeiter, arbeitslos, Arbeitsamt …

    Warum diese Methode beim Lernen hilft? „Wenn man Wörter so vernetzt, stützenhier: ≈ helfen; ≈ unterstützenstützen sie sich gegenseitig. Man vergisst sie weniger leicht, als wenn man sie isoliert lernt, und kann beim Sprechen schneller auf sie zugreifenhier: die Möglichkeit haben, sie aus der Erinnerung zu holenzugreifen“, sagt Koeppel.

    Musikalische Unterstützung beim Lernen

    die Hintergrundmusikhier: Musik, die man hört, während man lerntHintergrundmusik und Vokabellernen – passt das  zusammen? Die Psycholinguisten der Universität Amsterdam vermuten, dass die Charaktereigenschaft, -en≈ alle Charakteristika und Talente eines MenschenCharaktereigenschaften des Lerners, zum Beispiel Introvertiertheit oder Extrovertiertheit, eine wichtige Rolle spielen. Das Institut für Musikwissenschaft der Humboldt-Universität Berlin (HU) hat zusammen mit den Niederländern die kognitive die Leistung, -enhier: ArbeitLeistung von sogenannten die Betawellen (Pl.)spezieller Teil aus dem Spektrum eines Elektroenzephalogramms (EEG)Betawellen untersucht. Sie vermuten, dass Hintergrundmusik die Konzentration steigert. Mats Küssner von der HU sagt, dass es zwei Phasen gibt, in denen die kognitive Leistung beim Vokabellernen durch Musik höher wird. Entweder sollte der Lerner vor dem Vokabellernen Musik hören, um die Konzentration zu steigern, oder während des Lernens. „Das hängt sowohl von den persönlichen Eigenschaften des Lerners ab als auch von der Situation. An einem Tag ist man unausgeschlafenso, dass man nicht genug Schlaf bekommen hatunausgeschlafen, und Musik weiterhelfenhelfen, Probleme zu lösenhilft einem nicht weiterhelfenhelfen, Probleme zu lösenweiter. Am anderen Tag ist es vielleicht sinnvoll“, sagt Küssner. Er glaubt, dass Musik einen positiven Effekt auf die kognitive Leistung hat. Die Studie ist aber noch nicht beendet, es wird noch weiter daran gearbeitet.

    Autonomes Lernen

    In einem Aspekt haben viele Wissenschaftler die gleiche Meinung: Die ideale Methode gibt es nicht. Klaus Hartenstein, Professor für Sprachlehrforschung und Fremdsprachendidaktik an der Universität Hamburg, warnen vor ...hier: sagen, dass man nicht glauben soll, dass es … gibtwarnt deshalb warnen vorhier: sagen, dass man nicht glauben soll, dass es ... gibtvor Lernrezepten. Er rät Lernenden, die verschiedenen Methoden selbst auszuprobieren. „Jeder Lerner hat unterschiedliche die Wahrnehmungspräferenz, -en≈ Wunsch, auf welche Art man etwas lieber wahrnimmt, z. B. hören, lesen oder ansehenWahrnehmungspräferenzen. Es gibt Menschen, die sich Wörter durch das Aufschreiben gut merken können oder indem≈ dadurch, dass …indem sie sich dazu bewegen“, sagt Hartenstein.
     

    Jeder Lerner hat unterschiedliche Wahrnehmungspräferenzen.


    Durch Studien bekommt man zwar neue Informationen und neues Wissen, aber keine idealen Lösungen. Wenn Lehrer nur eine Unterrichtsmethode wählen, können manche Schüler ein Problem haben. „Bei einige (-r/-s)ein paareinigen Erwachsenen kann die ständigimmer, dauerndständige Verwendung von Gesten führen zuhier: ≈ machendazu führen, dass sie sich infantilisiertso, dass man zum Kind gemacht wirdinfantilisiert fühlen“, sagt Hartenstein. So wird es für diese Lernenden unangenehm sein, die Methode beim Sprachenlernen zu benutzen.

    Genauso ist es beim Lernen mit Hintergrundmusik. Natürlich ist es sinnvoll, eine angenehme Lernatmosphäre zu schaffen. Aber die kann bei jedem unterschiedlich sein. „Der eine legt sich zum Lernen in die die Badewanne, -nSanitär-Einrichtungsgegenstand, in dem man baden kannBadewanne und anzündenz.B. mit einem Streichholz anmachenzündet die Räucherkerze, -n≈ langes, dünnes Ding mit Aroma: Wenn man es mit einem Streichholz anmacht, gibt es Licht.Räucherkerzen anzündenz.B. mit einem Streichholz anmachenan, der andere nicht riechen könnenhier: ugs.: nicht mögenkann die vielleicht nicht riechen könnenhier: ugs., nicht mögennicht riechen“, sagt Hartenstein. Eine Lösung, die Erfolg garantiert, gibt es auch hier nicht.
     

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