Zu Besuch bei der Wasserschutzpolizei Kehl

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    Deutsch perfekt Audio 5/2017
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    Transkript: Zu Besuch bei der Wasserschutzpolizei Kehl

    So etwas gibt es nur einmal in Europa: Auf dem Rhein sitzen deutsche und französische Wasserschutzpolizisten in einem Boot. Seit fünf Jahren gehen sie gemeinsam auf Kontrollfahrten. Marcel Burkhardt war zu Besuch in Kehl bei Dienststellenleiter Timo Stern.

    Etwas versteckt neben einem großen der Schrottplatz, -plätzePlatz, an dem Metallabfälle gesammelt werdenSchrottplatz liegt die Dienststelle der deutsch-französischen Wasserschutzpolizeistation im Rheinhafen der Stadt Kehl. Noch. Denn geht alles nach Plan, werden die 56 deutschen und französischen Beamten in Zukunft einen neuen, besseren Arbeitsplatz bekommen. Noch näher am Fluss – und vor allem weiter weg von Lärm und der Staubganz kleine schmutzige Stücke in der LuftStaub, die vom Schrottplatz herüberkommen.

    Noch aber leisten Dienststellenleiter Timo Stern und seine Kollegen ihren Dienst an der Hafenstraße 21. Hier lässt sich beobachten, wie eng Deutsche und Franzosen im Bereich Sicherheit kooperieren. Auf dem Rhein haben sie sich schon seit 1968 gegenseitig geholfen. Und seit März 2012 in einem Boot sitzengemeint ist: ugs.: ≈ sich solidarisch fühlensitzen französische Gendarmen und deutsche Polizisten sprichwörtlich in einem Boot sitzengemeint ist: ugs.: ≈ sich solidarisch fühlenin einem Boot. Das heißt: In Kehl und den Außenstellen Vogelgrun und Gambsheim gibt es die einzige die Einheit, -enhier: Gruppe bei der PolizeiEinheit in Europa, bei der die Polizeikraft, -kräftehier: PolizistenPolizeikräfte aus zwei Ländern jeden Tag zusammenarbeiten.
    Polizeihauptkommissar Stern sagt:

    Im Prinzip bedeutet das in der täglichen Praxis, dass die Kollegen gemeinsam Streife fahrendurch Herumfahren kontrollierenStreife fahren. Das ist eigentlich die Hauptaufgabe. Und dass wir gemeinsam mit unseren französischen Kollegen in beispielsweise der Taucheinsatz, -sätzeAktion, bei der man unter Wasser schwimmt, um z.B. Gegenstände oder Menschen zu findenTaucheinsätze gehen.

    Die gemeinsamen Einsätze von Franzosen und Deutschen machen die Arbeit effektiver. Beide Seiten sparen Materialkosten und können das Personalhier: Personen, die für Polizei und Justiz arbeitenPersonal besser einsetzen. Zum Beispiel auch bei der Kontrolle großer Schiffe oder wenn es zu Unfällen auf dem Rhein kommt.
    Die deutsch-französische Wasserschutzpolizei ist für viele eine große Erfolgsgeschichte. Für Stefan Seidendorf, den Vizedirektor des deutsch-französischen Instituts, ist die Polizeieinheit außerdem ein Zeichen des permanenten der Annäherungsprozess, -ehier: Prozess, bei dem zwei Gruppen immer besser zusammenarbeitenAnnäherungsprozesses beider Staaten. Denn, so Seidendorf: Bei allen Gemeinsamkeiten gebe es auch sehr viele strukturelle Unterschiede zwischen beiden Staaten. Frankreich ist ein Zentralstaat, die Bundesrepublik föderalistisch organisiert. In Frankreich haben vor allem zentrale Organe die nötige Autorität; in Deutschland können auch untere die Organisationsebene, -nStufe in einer HierarchieOrganisationsebenen autonomer entscheiden.

    Polizeihauptkommissar Timo Stern erklärt, was das für die Zusammenarbeit der deutsch-französischen Wasserschutzpolizei bedeutet:

    Die größte die Herausforderung, -enschwierige Aufgabe, die man spannend findetHerausforderung – aber das ist bei der grenzüberschreitendhier: so, dass es über die Landesgrenze hinaus wirktgrenzüberschreitenden Zusammenarbeit immer der Fall – zumindest aus meiner Erfahrung, ist: einen Kompromiss zu finden zwischen zwei Organisationen. Bei uns jetzt am Beispiel Polizei und Gendarmerie, die gänzlichvölliggänzlich unterschiedlich funktionieren, die gänzlich unterschiedliche Abläufe haben und wo sich auch unterschiedliche Mentalitäten herausgebildet haben. Und da einen Kompromiss zu finden, das ist die tägliche Herausforderung.

    Einen Oberkommandeur gibt es in Kehl nicht. Eigentlich müssen Timo Stern und der französische Kommandeur Nicolas Mejenny mit einer Stimme sprechen oder aber den Kompromiss zwischen zwei Meinungen finden. Denn sie sind die Köpfe der beiden Organisationen, die unter einem Dach miteinander arbeiten. Beide sagen: Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Das müssen sie täglich wieder beweisen, erklärt Timo Stern. Denn vieles ist zwischen deutscher Polizei und französischer Gendarmerie unterschiedlich:

    Wir auf deutscher Seite sind, was die Organisation angeht, eher zivil organisiert. Die Polizei ist eine zivile Einrichtung. In Frankreich: Die Gendarmerie ist eine militärische Einrichtung. Das heißt: Die französischen Gendarmen sind militärisch ausgebildet und auch geprägt.

    Das führen zuhier: verursachenführt dann natürlich im täglichen Dienst immer führen zuhier: verursachenzu irgendwelchen lustigen Situationen, ja, wo man merkt, dass die Unterschiede auch im Denken einfach da sind, ja. Als Beispiel: In Deutschland darf jeder Polizeibeamte von sich aus, wenn er den Verdacht einer Straftat hat, ermittelnhier: eine kriminelle Sache untersuchenermitteln, und darf diese Anzeige auch selbst bearbeiten, ja. Weil, alle Polizeibeamte auf deutscher Seite – zumindest in Baden-Württemberg – sind Ermittlungspersonen der die Staatsanwaltschaft, -enAmt, für das Staatsanwälte arbeiten (der Staatsanwalt,-anwälte: Person, die kriminelle Handlungen untersucht und für die Interessen des Staates kämpft)Staatsanwaltschaft. Auf französischer Seite ist das nicht so. Da gibt es die Gendarmen, die mit Zusatzausbildung auch so eine Ermittlungsperson darstellen. Das ist aber nicht per se mit der Ausbildung so passiert. Das heißt, es gibt Gendarmen auf den operativen Einheiten, die dürfen Anzeigender Vorgang, Vorgänge≈ Aktivität, Prozessvorgänge gar nicht selbstständig bearbeiten. Das ist so ein großer Unterschied.

    Trotz der Unterschiede in Mentalität und Organisation respektieren und vertrauen sich Deutsche und Franzosen. Stern hofft, dass es so gut weitergeht. Die Reaktionen der Menschen auf beiden Seiten des Rheins machen ihn optimistisch. Die sehen deutsche und französische Wasserschutzpolizisten inzwischen als feste die Einheithier: GruppeEinheit:

    Wir machen auch im Sommer gemeinsame Streife im Stadtgebiet Straßburg aufm Wasser, sodass die Kollegen auch dort wahrnehmenhier: ≈ akzeptierenwahrgenommen werden als gemeinsame Einheit.

    Stern geht noch einen Schritt weiter. Er hat einen Blick für die politische Dimension:

    Dass wir eben ein Symbol sind. Symbol für die deutsch-französische Freundschaft. Symbol für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Gerade hier in Kehl, wo vor 70 Jahren noch Krieg war, wo vor 70 Jahren noch aufeinander geschossen worden ist. Und heute arbeiten wir zusammen mit französischen Waffenträgern in Deutschland und auf französischer Seite. Das ist dann schon bemerkenswertwert, dass man es beachtetbemerkenswert.

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