Neun Stunden Zukunft

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    Deutsch perfekt 1/2022
    Lokomotive vor dem Empfangsgebäude des "Berliner Bahnhofs" in Hamburg
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    Transkript: Neun Stunden Zukunft

    Vor 175 Jahren startet der Bahnverkehr zwischen Berlin und Hamburg. Der Zug fährt so schnell, dass er den Menschen damals Angst macht.

    Viele Jahre später wird diese die Strecke -nhier: Weg zwischen zwei OrtenStrecke für der Geschwindigkeits­rekord -ehier: Rekord: So schnell war noch kein Zug.Geschwindigkeitsrekorde berühmt werden. Aber davon wissen die ersten Passagiere noch nichts. Als am 15. Dezember 1846 die die Gesamtstrecke -nStrecke in einem StückGesamtstrecke der die Eisenbahn -en≈ BahnEisenbahn zwischen Hamburg und Berlin eröffnenhier: starteneröffnet wird, dauert die Fahrt zwischen den beiden Metropolen rund neun Stunden. Heute wäre das ziemlich viel. Aber die die Dampflokomotive, -nZug, in dessen Lokomotive man Wasser ganz heiß macht, um Energie zum Fahren zu habenDampflokomotiven, die für die Berlin-Hamburger Eisenbahn-die Gesellschaft, -enhier: OrganisationGesellschaft Passagiere und Waren transportieren, haben wenigstens tolle Namen: Hansa, Germania, Concordia, Vorwärts und Amazone.

    Auch wenn die Fahrt so lang dauert: Diese Zugverbindung ist ein der Meilenstein, -eInnovation; wichtiges EreignisMeilenstein. Die Eisenbahn erlebt Mitte des 19. das Jahrhundert, -e≈ Zeit von 100 JahrenJahrhunderts seinen ersten Boom erlebenzum ersten Mal einen Boom habenihren ersten großen seinen ersten Boom erlebenzum ersten Mal einen Boom habenBoom in Deutschland. Seit 1835 in Bayern zwischen Nürnberg und Fürth die erste Zugverbindung gestartet ist, werden überall im Land neue Strecken und Züge gebaut. Fast immer machen das private Firmen. Der Bahnverkehr ist in den ersten Jahren noch keine staatliche Aufgabe.

    Zu dieser Zeit ist Deutschland auch noch keine Nation, sondern ein Mosaik aus größeren und kleineren Monarchien und die freie Stadt, Städtehier: autonome Stadtfreien Städten. Hamburg und Berlin sind die beiden größten Städte im deutschen das Gebiet, -ehier: TerritoriumGebiet. Die Bahnstrecke durch fünf selbstständighier: autonomselbstständige politische Gebiete wird deshalb bald zu einer der wichtigsten Verbindungen.

    Die Eisenbahn bringt die Menschen im Land näher zusammenbringenmachen, dass sich … mehr wie eine Nation fühltnäher zusammen – und vor allem schneller. Die Geschwindigkeit macht vielen Menschen aber auch Angst. Die ersten Dampflokomotiven fahren maximal 30 Kilometer pro Stunde schnell. Für die Menschen im 19. Jahrhundert ist das extrem viel. Sie es gewohnt sein, zu …hier: nur … kennen/machensind es gewohnt, zu Fuß zu gehen. Wer es eilig hat und das Geld dazu hat, nimmt die die Pferdekutsche, -nWagen, der von Pferden gezogen wirdPferdekutsche. Maschinen, die sich ohne die Kraft von Menschen oder Tieren bewegen – das ist völligkomplett; ganzvöllig neu. Dazu kommen …hier: Außerdem gibt es …Dazu kommen der große Lärm und der viele der DreckSchmutz; hier auch: RauchDreck. Bald nach dem Start des Zugverkehrs berichten Ärzte über eine neue Krankheit: die Eisenbahnkrankheit. Patienten haben Rückenschmerzen, die nervöse UnruheGefühl von Stress oder Angst, z. B. nach einem Traumanervöse Unruhe und sind sehr müde. Manche haben Angst, seit sie bei einem Bahnunfall dabei waren.

    Viele Menschen sind aber euphorisch über die neue Epoche der Geschwindigkeit. In neun Stunden von Hamburg nach Berlin – das ist eine Revolution. Das neue Verkehrsmittel wird zum Katalysator von vielen Innovationen. Weil Reisen schneller werden, erlebt auch der Tourismus einen Boom, genauso wie die Post und der Transport von Waren. Auch die Industrialisierung passiert mit der Bahn noch schneller.

    1919 wird die Deutsche die Reichsbahnhier: Bahn der Weimarer RepublikReichsbahn gründenhier: startengegründet. Sie kümmert sich von da an≈ ab dieser Zeitvon da an um Deutschlands kompletten Zugverkehr. Die 1920er- und 30er-Jahre werden zur Epoche der Rekorde – manche davon werden zwischen Hamburg und Berlin dokumentiert.

    Das wahrscheinlich größte Spektakel gab es am 21. Juni 1931 in der Nacht. Um 3.27 Uhr startet in Hamburg der die Schiene, -nGleisSchienenzeppelin. Das ist ein aerodynamisch geformter Wagen mit 600-die PS, -kurz für: Pferdestärke: Sie zeigt, wie stark ein Motor ist.PS-Motor. Hinten hat er einen Propeller aus Holz. Er soll das Beste von zwei Technologien kombinieren: der Eisenbahn und dem das Luftschiff, -eZeppelinLuftschiff. Berlin-Spandau erreicht der Wagen um 5.37 Uhr, nach einer bis zu 230,2 Kilometer pro Stunde schnellen Fahrt. Ein Triumph – aber leider kein Modell für den Transport von Passagieren und Waren im Alltag. Denn der Schienenzeppelin kann weder rückwärts fahren noch rangieren (franz.)hier: das Gleis wechseln, um z. B. Waggons zu wechseln oder zu parkenrangieren oder einen zweiten Waggon ziehen.

    Wenig später wird aber der Fliegende Hamburger zur Legende. Der Schnellzug zwischen den Metropolen wird nicht von einer stinkenden Dampflokomotive gezogen, sondern von einem eleganten der Dieseltriebwagen, -DiesellokomotiveDieseltriebwagen. Von Mai 1933 an fährt der Zug die Strecke regulär. Für die 287 Kilometer braucht der Fliegende Hamburger zwei Stunden und 18 Minuten.

    Die Eisenbahn Konkurrenz bekommenhier: nicht mehr das einzige Transportmittel seinbekommt zu dieser Zeit selbst Konkurrenz bekommenhier: nicht mehr das einzige Transportmittel seinKonkurrenz: das Auto. Der Zweite Weltkrieg stoppt den Boom der Bahn. Die die Rollehier: Aufgabe; PositionRolle der Reichsbahn im Nationalsozialismus ist keine positive. Züge der Reichsbahn bringen Millionen der Jude, -nPerson, deren Religion die Thora als Basis hatJuden in die Konzen­trationslager. Die Deportierten müssen sogar≈ auchsogar für die Fahrkarte zahlen.

    Nach dem Krieg wird der Zugverkehr zwischen Hamburg und Berlin durch die Teilung des Landes kompliziert. West-Berlin und Hamburg sind Teil der Bundesrepublik. Aber die Zugstrecke liegt auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Der Transitverkehr stoppt trotzdem nie. Nach dem Ende der DDR 1990 wird die Strecke sanierenhier: reparieren und restaurierensaniert. Seit 1997 können darauf Intercityexpress-Züge (ICEs) fahren. Seit 2005 erreichen sie dabei Geschwindigkeiten von bis zu 230 Kilometern pro Stunde.

    175 Jahre nach der Eröffnung der Strecke dauert die Fahrt im ICE zwischen den Metropolen eine Stunde und 46 Minuten – wenn nicht gerade wieder irgendwo gebaut und saniert wird. Im Herbst 2021 sich gedulden müssenlange warten müssenmüssen sich Fahrgäste sich gedulden müssenlange warten müssengedulden: Die Fahrt dauert wegen Baustellen zweieinhalb Stunden. Da war der Fliegende Hamburger schneller.

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