„Horoskope zeigen viel“​

Der Jahreswechsel ist die große Zeit der Prognosen, weiß unsere Lieblingsrussin Alia Begisheva. Warum sind sie in Deutschland, aber auch den Rest des Jahres so populär?​

Der Tag heute wird gut – wenn ich meinem Horoskop glaube. Besser: meinen Horoskopen. „Ein Tag für Begegnungen“ soll es laut der Frauenzeitschrift Freundin werden. Die Bild-Zeitung verspricht „Highlights im privaten Bereich“. Die die Prophezeiung, -enPrognose​Prophezeiung für den Nachmittag: „Eine verträumthier: mit Fantasie und Gefühlen; romantisch​verträumte Stimmung … mag Sie überkọmmenes kann sein, dass Sie … bekommen​mag Sie überkommen. hier: ≈ mitmachen bei; akzeptieren​Lassen Sie sịch einlassen aufhier: ≈ mitmachen bei; akzeptieren​sich darauf ein, zum Beispiel indem Sie für einen Augenblick den Wolken am Himmel nachschauenhier: zusehen, wie sich jemand/etwas entfernt​nachschauen.“​

Gern würde ich den ganzen Tag in die Wolken schauen. Die vorbeiziehen≈ sich in einer Richtung vorbeibewegen​vorbeiziehen wie mein Leben, das – wegen des Mondes im dritten und der Venus im zweiten Haus – angeblich so leicht vorhersehenvorher schon sehen/wissen, was passieren wird​vorherzusehen ist. Laut Umfragen hätten viele Deutsche Verständnis dafür: Mindestens ein Viertel glaubt, dass Sterne ihr Leben beeinflussen.​

13 Prozent zugebenehrlich sagen; etwas Unangenehmes sagen​geben zu, dass sie Horoskope lesen. In Wirklichkeit müssen das aber viel mehr Menschen tun. Warum veröffentlichen sonst so viele Zeitschriften Horoskope? Und zwar nicht wie man meinen könnte welche, die von einem Praktikanten geschrieben wurden, sondern von Männern wie Winfried Noé. Der hat ≈ wenigstens​ịmmerhịnimmerhin den Tod von Prinzessin Diana vorhergesehen, das Buch Kinderhoroskop. Erziehen mit der Astrologie geschrieben und ein Astro-Imperium mit 3000 Mitarbeitenden aufbauenhier: entstehen lassen​aufgebaut. Die liefern ihre Horoskope an diverse Publikationen. Man kann es nur mit der Magie der Sterne erklären: Die pragmatischen und vernünftigen Deutschen sind der Wahrsager, -Person, die sagt, was in der Zukunft eines Menschen geschehen wirdWahrsagern verfạllen seinhier: in einen Zustand kommen, in dem man eine Person oder Sache dringend braucht​verfallen.​

Neulich kam dann diese Meldung: „Uri Geller will der Atomkrieg, -eKrieg mit Nuklearbomben​Atomkrieg mit Gedankenkraft verhindern.“ Ich verstehe das: Wenn so etwas Absurdes wie ein Atomkrieg drohenhier: ≈ möglich sein, dass etwas Schlimmes passiert​droht, ist man bereit, an absurde Dinge zu glauben. Aber ein Magier, der durch das verbiegenaus der Form bringen, sodass ein Ding z. B. nicht mehr gerade ist​Verbiegen von Löffeln berühmt wurde, gegen die atomare die Bedrohung, -enhier: ≈ Risiko; Gefahr​Bedrohung? Das tief blịcken lạssen ịnviel verraten über​lässt tief in die deutsche die Seele, -n≈ Fühlen und Denken eines Menschen; Psyche​Seele viel verraten über​tief blịcken lạssen ịnblicken. Dieser Meinung ist wohl auch Deutschlands größte Frauenzeitschrift Brigitte. Sie behauptet, dass „Horoskope zeigen, wer wir wirklich sind.“​

Wenn es so ist, dann ist das Leben der Deutschen eine kollektive Erfolgsgeschichte. Das stimmt, wenn man sich die Geschichte der deutschen Wirtschaft anschaut. „Eine Entscheidung, eine Veränderung ạnstehenhier: bald stattfinden​steht an, Sie werden Vorteile erlạngenerreichen​erlangen.“ Waren solche Sätze der Grund für den legendären Boom der deutschen Wirtschaft nach dem Krieg?​

Damit es auf der die Überholspur, -enhier: ≈ Situation, in der man extrem erfolgreich ist​Überholspur nicht zu anstrengend wird, korrigiert man ein bisschen: „tạnkenhier: durch Pausen bekommen​Tanken Sie Energie, sịch … gönnensich selbst etwas Angenehmes tun oder geben​gönnen Sie sịch … gönnensich selbst etwas Angenehmes tun oder geben​sich einen Wellness-Urlaub!“ Wer sich den nicht leisten kann, sollte einfach kurz Pause machen und nachdenken.​

Das ist bei Ratschlägen wie diesem auch nötig: „Doch sollten Sie auf keinen Fall vergessen, dass Verbesserungen Veränderungen sind und die die Vermeidungvon: vermeiden = hier: nicht geschehen lassen; nicht möglich machen​Vermeidung von Veränderung somịtalso​somit auch ein Verhindern von Verbesserungen sein kann.“​