Die inoffiziellen Regeln der Deutschen

    Mittel
    Deutsch perfekt 13/2025
    Gartenzwerg bei Pressekonferenz
    © Anna Sofie Werner via ChatGPT

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    Transkript: Die inoffiziellen Regeln der Deutschen

    ▶ Susanne, wir haben in unserer Ausgabe 13 ja eine große Titel-Story, und zwar Deutschland verstehen. Ich habe dafür 100 Fragen gesammelt und 100 Antworten gesucht. Und dafür habe ich mit vielen Deutschlernenden gesprochen, ich habe Zeitungen durchgeblättert, Webseiten, Plattformen und Foren durchsucht, und versucht, die wirklich wichtigen Fragen zu Deutschland und Deutschen zu beantworten. Sollen wir uns das mal ein bisschen anschauen?
    ◀ Ja, sehr gern. Vielleicht sagen wir vorher noch mal ganz kurz, wer wir eigentlich sind. Ich bin Susanne Krause, ich bin die Online-Journalistin bei Deutsch perfekt.
    ▶ Und ich bin Leonore Winkler, ich bin auch Journalistin und kümmere mich vor allen Dingen ums Heft, so wie jetzt auch eben um die Titel-Story. Und ich hab gemerkt, es gibt viele Fragen dazu, wie man sich richtig verhält. Und mir ist aufgefallen, es gibt nicht immer eine einfache Antwort, zum Beispiel bei der Frage: Als Gast, ziehst du da die Schuhe aus, oder lässt du sie an? 
    ◀ Ich finde, die Antwort darauf ist ganz einfach: Schuhe aus. Also auch, wer in meine Wohnung möchte, soll bitte die Schuhe ausziehen. Und tendenziell, die meisten meiner Freunde sind da, glaube ich, auch sehr deutsch. Die bringen nämlich oft Hausschuhe mit. Also wirklich: Freundinnen, wenn die zu mir kommen, dann haben die auch schon ihre Hausschuhe dabei, ziehen ihre Schuhe aus und ihre Hausschuhe an. Und wer zu mir kommt und keine Hausschuhe mitbringt, kriegt auch gerne warme Socken von mir.
    ▶ Das kenne ich auch. Das Mitbringen ist aber auf jeden Fall Next Level German.
    ◀ Ja, also wenn man bei Deutschen eingeladen ist, würde ich immer empfehlen, die Schuhe auszuziehen – außer, die Menschen widersprechen wirklich ganz, ganz vehement. Und man darf auch gerne nach Hausschuhen oder warmen Socken fragen.
    ▶ Ein ähnliches Phänomen für mich ist das Duzen und Siezen. Wen siezt man, und wen duzt man?
    ◀ Da finde ich die Antwort sehr viel schwieriger als auf die Frage davor. Das ist nämlich auch etwas, wo ich mir sehr schwer tue, das zu entscheiden.
    ▶ Geht mir ganz genau so. Ich weiß das noch: Ich hatte einen Klavierlehrer für zehn Jahre, der gleichzeitig ein Familienfreund war, und meine Eltern haben ihn trotzdem immer gesiezt. Ich als Kind war total verwirrt, weil der Klavierlehrer hat zu mir Du gesagt. Also habe ich mich immer gefragt: Soll ich auch Du zu ihm sagen oder nicht? Ich habe also zehn Jahre lang einfach Passivsätze verwendet, um ihn nicht duzen oder siezen zu müssen.
    ◀ Du hattest zehn Jahre Klavierunterricht und hast deinen Klavierlehrer nie direkt angesprochen?
    ▶ Zehn sehr anstrengende Jahre, ja.
    ◀ Ja, aber das mit Du und Sie ist auch schwierig für Deutsche. Und die Strategie, die du da beschreibst, verwende ich auch öfter. Also das einfach zu versuchen, weder Du noch Sie sagen zu müssen, indem man dann aber oft ganz komplexe Konstruktionen verwendet. Ja, generell ist, glaube ich, die einfache Regel: Man sollte vielleicht, wenn man unsicher ist, lieber das Sie benutzen. Oft sagt dann die andere Person: „Ja, du kannst Du sagen.“ Wobei ich jetzt auch finde: Wenn jemand mich schon duzt, dann darf man normalerweise auch zurückduzen.

     

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